Übers Verlernen

Es war einer dieser Tage an denen man so gerne die Zeit anhalten wollen würde. Ein Juninachmittag, einer der ersten wirklich warmen, wo eine gewisse Melancholie in der Luft liegt, so schön dass man vor Glück traurig werden könnte.

Also an so einem wunderbaren Tag, waren wieder einmal unsere Freunde zusammen gekommen. Sie trafen sich am Waldrand, auf dem alten Bankerl, welches sie besonders mochten. Zuerst berichteten sie von ihren Erlebnissen und natürlich vom neuesten Tratsch und Klatsch, der sich herum sprach. Sie lachten und genossen den Kirschkuchen, den Hampelmanns Mutter mit geschickt hatte.

Nach einiger Zeit hatten sie genug geplaudert und hielten inne. August lag am kühlen Waldboden, der Fuchs saß hinter der Bank und sah auf den ruhenden See und Hampelmann hatte es sich auf der Bank gemütlich gemacht. Er ließ seine Füße baumeln und fühlte sich leicht und unbeschwert. Ja unbeschwert, dieses Gefühl, dass die Erwachsenen sooft herbei sehnten. Einfach Dinge zutun und nicht darüber nachdenken zu müssen über Konsequenzen. Den Tag zu beginnen ohne auf Termine zu achten, das Gefühl zu haben frei zu sein. Selbst zu sein, nicht sein zu müssen, schlichtweg wieder wie ein sorgloses Kind.

Es war still, ganz still und dem schlauen Fuchs beschäftigte eine Frage, wie viele würden jetzt wohl gerade genauso mit Freunden beisammen sein und einfach froh sein? Er stellte sie seinen Freunden, August schnuffte laut und meinte, vielleicht einige, aber ob sie sich dessen auch bewusst sind, ist wieder eine andere Frage. Der Hampelmann lachte leise auf und wollte wissen, ob den der Fuchs Gedanken lesen könne, den er hatte gerade über die Unbeschwertheit  nachgedacht und warum man Dinge, welche einem so angenehm sind verlernen kann? Die beiden anderen schauten ihn an. Sie konnten nicht nachvollziehen, wieso man Gefühle verlernen soll? Die gibt es einfach, man muss sie nehmen, wie sie kommen. Ja, ja das sei schon richtig, so sehe er, der Hampelmann die Sache auch. Er kenne jedoch viele Erwachsene, bei denen er den Eindruck hat, sie hätten verlernt zu fühlen.

Nun wollten aber der schlaue Fuchs und August, der Hund es genau wissen, wovon ihr kleiner  Mitgenosse sprach, denn es klang irgendwie traurig. August erkundigte sich, ob er meinte, dass wenn man Erwachsen ist, man vergisst wie sich Gefühle anfühlen? Der Fuchs unterbrach ihn und, meinte schon fast forsch, oder sie nicht zulassen würde? Der Hampelmann rutschte von der Bank und setzte sich zu seinen Freunden auf den Boden, und begann mit den kleinen Steinen zu spielen. So genau wisse er das auch nicht, aber er kenne manche großen Leute, die sich nach Unbeschwertheit, Leichtigkeit und einfach Herzenswärme sehnten. Obwohl es doch viele Erwachsene gäbe, die diese wertvollen Dinge tief in ihren Seelen tragen und zeigen. Also warum verlernen dann so viele diese Unbeschwertheit? Wie kann man sie nicht verlernen?

Alle überlegten und dann sprudelten die Ideen. Es muss mit Lachen zutun haben. Mit diesem Lachen, das eben von Herzen kommt, ohne Schadenfreude, einfach nur Lachen. Ein Freund, der einem gut ist. Jemand, der einem etwas Liebes tut oder sagt ohne eigenem Nutzen daraus zu ziehen. Ein bestimmter Duft, der einem an etwas Schönes erinnert. Samstagvormittag, mit dem Wissen, dass am nächsten Tag frei ist. Aus Freude weinen. Jemanden wieder sehen, den man sehr vermisst hat. Etwas spannendes Neues lernen. Die Zufriedenheit mit sich selbst, wenn man etwas erreicht hat, von dem man schon lange träumte.

Es fielen ihnen noch viele Dinge ein und langsam wurde es Abend. Der Himmel präsentierte sich in wunderbaren Farben, der See spiegelte diese wieder. Die Luft war lau, ein leichter angenehmer Wind war auf der Haut zu spüren. Unsere Freunde verabschiedeten sich und jeder ging seinen Weg.

August dachte an die vielen Beispiele, die sie gesammelt hatten und war zutiefst glücklich, dass in seinem Leben so viele davon zutrafen. Fröhlich mit erhobenem Schweif trabte er zu seiner Familie nachhause.

Der schlaue Fuchs erkannte wiederum, dass sein Grübeln nur zu oft ein Hindernis auf dem Weg zur Leichtigkeit ist und er nahm sich fest vor, sich diesen Moment zu merken, damit er nicht vergisst Glück zu fühlen.

Ja und der Hampelmann, der spürte an diesem besonderen Tag nicht die Melancholie in der Luft, sondern die Unbeschwertheit die für jeden greifbar ist, egal welchen Alters, wenn man`s zulassen kann oder nicht verlernt hat.

(Veronika Lippert)

Ihre Elternwerkstatt

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